International Connections of the Barbarians
of the Carpathian Basin in the 1st_5th centuries Ä.D.
Proceedings of the international conference
held in 1999 in Asz6d and Nyiregyhza
4
A Kfrpit-medencei barbtirok nemzetközi kapcsolatai az I-V sz%zadban
Az 1999-ben Asz6don ts Nyire&yhtzin megrendezett nemzetközi konferencia anyaga
Asz6d
-
Nyiregyhza 2001
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Edited by
Eszter Istvnovits Val&ia Ku1csr
—
English text revised byjohn Conyers
German text revised by Gotlind B. Thurmann
Graphic works by Zsolt Benke along with György Boros
Müzeumi Füzetek (Asz6d) 51.
ISSN 0580 3705
J6sa Andrs Müzeum Kiadvnyai 47.
ISSN 0133 8110
ISBN 963 7220 43 7
The publishing of this book was supported by:
The National Cultural Fund (Nemzeti Kutturtlis Alapprogram)
Raiffeisen Bank (Raffiisen Bank)
Museum Directorate of Pest County Museums (Pest Megyei Mzzeumok Igazgat6siga)
Council of Szabo1cs-Szatmr-Bereg County (Szabolcs-Szatmtr-BeregMeye Önkormtnyzata)
2OO2
Published byJ6sa Andrs Museum, Nyiregyhtza
and Osvth Gedeon Museum Foundation, Asz6d
Published in 500 copies ofA4 size, 29,25 printed sheets
Typography: Erika Pristyk
Printing works: Kapitlis Bt, Debrecen
C ontents
Foreword 7
Tadeusz Makiewicz:
Verzierte Tonaltäre und Feuerstellen als Ausdruck
der interkulturellen Kontakte in der Eisenzeit Europas 9
Piotr Luczkiewicz:
Zum Problem der frühesten germanischen Waffenfunde südlich der Karpaten 25
Katalin Almässy:
New data on the Celto-Dacian relationship in the Upper Tisza Region 45
Mark B. Shchukin:
Forgotten Bastarnae 57
Mykolas Michelbertas:
Neue Funde der norisch-pannonischen Fibeln in Litauen 65
Märia Lamiova-Schmiedlova:
Eine Emailfibelwerkstatt in der Nordostsiowakei 71
Magdalena Mczynska:
Einige Fibeln südlicher Herkunft im Hortfund von Lubiana in Pommern 77
Eduard Krekovi:
Roman fibulas in Slovakia 95
Halina Dobrzanska:
Contacts between Sarmatians and the Przeworsk Culture community 101
Alexandr V. Simonenko:
On the tribal structure of some migration waves of Sarmatians to the Carpathian Basin 117
Claus von Carnap-Bornheim:
Das Waffengrab von Geszterd (Komitat Szabolcs-Szatmr-Bereg) aus „germanischer“ Sicht 125
Eszter Istvänovits Valeria Kulcsär:
Sarmatians through the eyes ofstrangers. The Sarmatian warrior 139
Andrea Vaday:
Military system of the Sarmatians 171
Mihtily Köhegyi Gabriella Vörös:
Bestattungsbräuche in dem sarmatischen Gräberfeld von Madaras 195
Andrzej Kokowski:
Zur Herkunft einiger Amulette im Kreise der Gotenkultur 201
Oxana V. Bobrovskaia:
Belt amulet sets in the female costume ofthe Cherniakhov Culture 221
Boris V. Magomedov:
Die iernjachov-Marosszentanna/Sintana de Mure-Kultur in der Karpatenregion 227
Marcin Biborski Piotr Kaczanowski:
Zur Differenzierung der spätkaiserzeitlichen
und frühvölkerwanderungszeitlichen Bewaffnung im Barbaricum 235
Alexandr 1. Aibabin Elzara A. Khairedinova:
New early assemblages from Luchistoe cemetery in the Crimea 249
—
—
—
—
Igor N. Khrapunov:
On the contacts between the populations of the Crimea
and the Carpathian Basin in the Late Roman Period 267
Sergei 1. Bezuglov:
“Danubian fashion“ and Tanais (The early phase of the Migration Period) 275
Robert Gindele
—
Janos Nmeti:
Probleme der Erforschung der frühen Völkerwandemngszeit im Nordwesten Rumäniens 285
Renata Madyda-Legutko
—
Elzbieta Pohorska-Kleja:
Die Beziehungen zwischen dem oberen Sangebiet (östlicher Teil der polnischen Karpaten)
und den südlichen Gebieten in der Zeit vom 1. bis zum 5. Jahrhundert n. Chr. 299
Judyta Rodzinska-Nowak:
Transkarpatische Kontakte der Bevölkerung der Przeworsk-Kultur
in der römischen Kaiserzeit am Beispiel der Funde aus der Siedlung
in Jakuszowice, Gde. Kazimierza Wielka, Woiw. witokrzyskie 311
Ulla Lund Hansen:
Origin ofglass during the Late Roman Period 325
Anna V. Mastykova:
Amber beads with incised linear decoration in the Great Migration Period 341
lila R. Akhmedov:
New data about the origin of some constructive parts
of the horse-harness of the Great Migration Period 363
Michel Kazanski:
Les pes “orientales“
garde cloisonne du Ve_VP sicle 389
Christian Pilet:
Tmoignages de modes germaniques orientales dans la Lyonnaise Seconde
(Normandie actuelle): bilan provisoire 419
Dieter quast:
Byzantinisch-gepidische Kontakte nach 454 im Spiegel der Kleinfunde 431
Anna Haralambieva:
Gepidisches Erbe südlich der unteren Donau 453
Abbreviations 461
Byzantinisch-gepidische Kontakte
nach 454 im Spiegel der Kleinfunde
Dieter Qast
Im Jahre 454 veränderte sich die politische Situation im Karpatenbecken
grundlegend (POHL 1980 mit älterer Lit.). Nach dem Tode Attilas im Jahr zuvor
erhob sich eine Allianz mehrerer gentes unter der Führung des gepidischen Königs
Ardarich gegen die Hunnen. Diese Allianz war allerdings weniger anti-hunnisch, als
vielmehr gegen die Aufteilung des Reiches unter Attilas zahlreichen Söhnen gerichtet.
Besonders die damit einhergehende Aufteilung der unterworfenen Stämme war für
diese unzumutbar und führte zum Aufstand (POHL 1980, 252 ff.; BÖNA 1991, 208—209).
Nach der Schlacht am Nedao, und (vermutlich) weiteren Schlachten in Pannonien‘,
wurden die Gepiden zur dominierenden politischen Macht im Karpatenbecken. Sie
herrschten über ganz Dazien, wie Jordanes (Getica 264) berichtet2. Damit waren sie
zu einem bedeutenden Nachbarn des oströmischen Reiches geworden. Das in der
Folge von Gepiden besiedelte Gebiet bzw. das Gebiet, das unter gepidischer Kontrolle
stand, ist anhand der Reihengräber des ausgehenden 5. und 6. Jahrhunderts gut zu
umschreiben (CSALLÄNY 1961; BÖNA 1968, 609—610; BÖNA 1971, 274—277; BÖNA 1976;
BÖNA 1979; BöNA 1981; HOREDT 1981; B6NA 1988, 122—124; GERMANEN1988A;
GERMANEN 1988B; CSEH 1990; HARHOIU 1994, 82, Zusammenfassend jetzt TÖTH—NAGY
1998). Die archäologischen Quellen lassen zwei bzw. drei Besiedlungsschwerpunkte
erkennen (Abb. 1): das Theiß-, Maros-, Körösgebiet; Siebenbürgen3 und zumindest
zeitweise auch Teile der Pannonia Secunda um Sirmium.
Bereits 1. B6na hat 1987 darauf hingewiesen, daß die Gepiden „das Stieficind
der europäischen Geschichtsschreibung und Archäologie“ sind (BöNA 1988, 123).
Dementsprechend fehlt es auch an Untersuchungen zu den byzantinisch—gepidischen
Beziehungen ausgehend vom archäologischen Qiellenmaterial. Lediglich die
exzeptionellen Komplexe aus Apahida bilden hier eine Ausnahme (vgl. unten). Von
Bedeutung ist eine Arbeit von Atilla Kiss (Kiss 1986), in der die Goldfunde des
Karpatenbeckens vom 5. bis 10. Jahrhundert zu den in den Schriftquellen genannten
byzantischne Subsidien- und Tributzahlungen in Beziehung gesetzt werden. Allerdings
bilden die byzantinisch—gepidischen Kontakte in diesem Rahmen nur einen kleinen
Teilaspekt. Immerhin wird sehr deutlich, wie gering die jährliche Zahlungen Ostroms
an die Gepiden waren (100 Pfund), verglichen mit der Summe, die jährlich an die
Hunnen gezahlt worden war (21000 Pfund).
Im folgenden sollen daher anhand einiger ausgewählter Beispiele die gepidisch—
byzantinischen Beziehungen nach der Schlacht am Nedao untersucht werden. Das
Ende des Betrachtungszeitraumes bildet das Jahr 567, in dem das Gepidenreich durch
—
1
2
Zur Lokalisierung vgl. POHL 1980, 259—260 (mit älterer Lit.); Scj.iweicz 1992, 50 (Lokalisierung wiederum in Pannonien als Nebenfluß der Save).
zur Vorstellung Jordanes‘ zur Ausdehnung Daziens POHL 1980, 259, Anm. 54; 263.
Die Zugehörigkeit Siebenbürgens zum gepidischen Gebiet im dritten Viertel des 5. Jahrhunderts wurde/wird diskutiert. Dabei hat sich die
Diskussion besonders an der ethnischen Zuweisung der Gräber von Apahida entzündet: HoRror 1972, 112-116; HOREDT—PROTASE
1972, bes. 220; BöNA 1979; POHL 1980, 271—272; HRHoIu 1994, 81—83, ebd. 81 ist das Attribut „gepidisch“ mit einem „?“ versehen.
Dieter Qiast
Langobarden und Awaren zerschlagen wurde4 GARNUT 1982, 26; POHL 1988, 50—5 1).
Wenn man die Kontakte zwischen zwei Gebieten anhand der Kleinfunde
untersuchen will, gibt es zwei Ansatzpunkte:
1. der unmittelbare Austausch zwischen beiden Regionen. In unserem Fall
meint das byzantinische Funde im gepidischen Gebiet bzw. gepidische Objekte
im byzantinischen Reich.
2. der mittelbare Ausstausch. Dabei handelt es sich um Objekte oder
Rohmaterialien, die zwangsweise eines der beiden Gebiete passieren mußten,
um in das jeweils andere zu gelangen. Ganz allgemein sind dies Fernhandelsgüter.
Der Terminus bestimmt auch die Art des Kontaktes, es ist Handel5.
Dieser zweite Punkt kann zu Beginn kurz abgehandelt werden. Als Fernhandels
produkte sollen hier die Granate herausgegriffen werden. Sie sind als Einlage häufig
auf gepidischen Bügelfibeln und Gürteischnallen zu beobachten (Abb. 2) (z.B. CSALLÄNY
1961, Taf 31:2, 33:2, 74: 4, 108: 3, 109: 8; BÄizu 1991, Abb. 2: 3, 5: 1). Neuere mineralogische
Untersuchungen von Granateinlagen aus dem fränkischen und alamannischen Gebiet
haben gezeigt, daß die Steine aus dem indisch-singhalesischen Raum stammen (Ro—
VANHAEKE 1997; QUAST—SCHÜSSLER 2000).
Abb. 1
Gepidische Siedlungsgebiete zwischen 490 und 567 (nach TÖTH—NAGY 199$)
(
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Zum fortleben der Gepiden in awarischer Zeit Kiss 1992, 35 ff, Kiss 1996A, 286 ff, POHL 1988, 227 ff.
Natürlich können für Fernhandelsgüter ebensogut sämtliche anderen Möglichkeiten (Geschenk, Raub, Zuwanderung) zutreffen, die weiter unten
für den „unmittelbaren“ Kontakt diskutiert werden. Bei häufigem, regelhaftem Auftreten wird man aber wohl von Handel ausgehen
dürfen.
Byzantinisch-gepidische Kontakte nach 454 im Spiegel der Kleinfunde
Sie gelangten allem Anschein nach auf dem Seeweg durch das Rote Meer ins
Byzantinische Reich und wurden über das Mittelmeer weiterverhandeh (FREEDEN 2000).
Zwar gibt es für die Einlagen gepidischer Fibeln m.W. derzeit keine Analysen, doch
erscheint eine Vermittlung durch das oströmische Reich am wahrscheinlichsten.
4
1
Abb. 2
Cloisonnierte Objekte aus gepidischen Gräbern. 1: Szöreg Grab 29, 2: Ede1ny, 3: Vencsellö,
4: Szentes—Berekht Grab 181, 5: Szentes—Berekht Grab 37 (1—3: nach CsALIAr‘n‘ 1961; 4—5: nach B6NA 1976)
Bemerkungen zur Identifikation byzantinischer Kleinfunde
Byzantinische Kleinfunde liegen in einiger Zahl aus gepidischen Gräbern vor.
Hier kann jedoch nur eine Auswahl vorgestellt und anschließend interpretiert werden.
Zuvor muß aber eine wichtige Frage angesprochen werden. Wie sind eigentlich
byzantinische Kleinfunde zu erkennen? Aufgrund der ungleichen Quellenlage ist
dies nicht immer einfach, denn die romanische Bevölkerung hatte bereits im 4.
Jahrhundert die Beigabensitte weitgehend aufgegeben (RIEMER 1999, 245, 249 mit
Anm.1). Damit stehen aus dem Reichsgebiet selbst nur relativ wenige Funde, zumeist
aus Siedlungsgrabungen oder lediglich als Einzelfunde zur Verfügung. Im gepidischen
Raum stammen hingegen über 900/0 des Fundmaterials aus Gräbern. Dadurch ist der
Fundbestand ungleich höher, so daß prinzipiell von der Möglichkeit auszugehen ist,
byzantinische Kleinfunde in größerer Zahl im Barbaricum zu finden als im eigentlichen
Ursprungsgebiet.
Daher sollen zunächst einige Kriterien zusammengefaßt werden, die für einen
wahrscheinlichen byzantinischen Ursprung herangezogen werden können6:
byzantinischer
Während der Uberarbeitung meines Manuskriptes wurde mir bekannt, daß f. Daim ebenfalls Kriterien zur Identifikation
ungedruckte
zwei
mir
er
daß
danken,
dafür
herzlich
recht
Daim
Herrn
möchte
Ich
hat.
)
erarbeitet
Gürtel (allerdings des 8. Jahrhunderts
Manuskripte seiner detaillierten Untersuchungen zur Verfügung gestellt hat.Vgl. DAIM 2000A; DAIM 2000B.
6
Dieter quast
Im günstigsten Fall sind die Objekte mit Inschriften versehen, wie z.B.
Münzen, gestempelte Silbergefäße oder Gewichte (HAHN 1973; HAHN 1989; DODD
1961; STEUER 1990).
—
Oft bietet eine sorgsame stilistische Einordnung von Darstellungen oder
Verzierungsmotiven einen Ansatz (z.B. WERNER 1984, 21—24,28—31; SCHMAUDER 1998,
284, 291) ebenso.
Technologische Beobachtungen (z.B. STARK 1999, 144—148, 154—155;
—
—
1998, 289, 291 vgl. auch CARNAP-BORNHEIM 1997).
Auch der Auswertung von Verbreitungskarten kommt besondere Bedeutung
zu. Dabei stellt sich grundsätzlich die Frage, wieviele Objekte aus dem Reichsgebiet
bekannt sein müssen, um den Typ als byzantinisch zu bestimmen. In größerer Zahl
sind lediglich die Bronzeschnallen aus dem 6. und 7. Jahrhundert bekannt (zuletzt:
RIEMER 1995), ebenso cloisonnierte Gürtelbeschläge des 5. und frühen 6. Jahrhunderts,
doch ist bei diesen eine sehr viel größere Vielfalt zu bemerken (z.B. KAZANSKI 1994;
QUAST 1997; QUAST 2000). Schwierig wird die Interpretation einer Karte, wenn
bestimmte Typen nur ein oder wenige Male aus byzantinischen Zusammenhängen
bekannt sind. Häufig sind bestimmte in ihrer Ausführung streng genormte bzw.
standardisierte Typen auch gar nicht aus dem oströmischen Herrschaftsbereich bekannt,
aber entlang der gesamten Reichsgrenze verbreitet7. Ich vermute auch hierbei in den
meisten Fällen eine Herkunft der entsprechenden Objekte aus oströmischen
Werkstätten, gerade wenn es sich um „Massenware“ handelt, bin mir aber sehr wohl
bewußt, daß gerade hier eine mögliche Fehlerquelle liegt, die durch die geringe Zahl
bedingt sein kann. Hier wird aber erst eine Zunahme der Funde durch Siedlungs
grabungen Abhilfe schaffen, ebenso möglichst vollständige Zusammenstellungen der
Kleinfunde aus dem Reichsgebiet.
Ein letztes Kriterium für das Erkennen byzantinischer Kleinfunde muß heute
vernachlässigt werden, da dafür noch keine genügend große Datenbasis vorliegt. Es
soll dennoch erwähnt werden, daß wahrscheinlich auch Metallanalysen zu dieser
SCHMAUDER
—
—
Frage Ergebnisse erbringen können (vgl.
DAIM
2000A, Kap. 4.7, 4.9;
DAIM
2000B).
Die Schwierigkeiten beim Erkennen byzantinischer Kleinfunde werden
zusätzlich durch mögliche Imitationen erschwert.
Byzantinische Kleinfunde aus gepidischen Gräbern
Aus den Jahrzehnten unmittelbar nach der Schlacht am Nedao sind einige
sehr reiche Funde vor allem aus dem Tal der Kleinen Somesch/Somes/Szamos in
Siebenbürgen bekannt. Exquisite Objekte aus byzantischen Werkstätten enthalten die
drei Fürstengräber aus Apahida (HOREDT—PROTASE 1972, zuletzt KAT. FRANKFURT 1994,
238—255 mit älterer Lit. und sehr guten Farbaufnahmen, HARHOIU 1997, 157—160,
Nr. 3) ebenso wie der Schatzfund von Cluj—Someeni (HOREDT—PROTASE 1970; HARHOIU
1997, 171, Nr. 30). Es mag hier genügen, auf das Pektorale aus Cluj-Someeni und
die Zwiebelknopffibel aus dem ersten Grab von Apahida hinzuweisen. Beide Objekte
Aufgrund der geringen Qualität wird man ausschließen können, daß es sich um Objekte mit einem „überregionalen barbarischen
Zeichencharakter“ handelt. Vgl. dazu C. von Carnap-Bornheim, in diesem Band.
Byzantinisch-gepidische Kontakte nach 454 im Spiegel der Kleinfunde
stammen aus oströmischen Werkstätten (Kiss 1995). Die Gräber von Apahida sind
mittlerweile so häufig in der Literatur besprochen worden, daß hier nicht weiter darauf
eingegangen werden muß. Ich halte es zudem für viel interessanter, byzantinische
Funde aus gepidischen Gräbern zu betrachten, die nicht der höchsten Gesell
schaftsschicht angehören.
Dazu sollen einige Typen von Gürtelschnallen betrachtet werden, zunächst
einmal die Exemplare, deren Bügel aus Mineralen gefertigt wurde. Chronologisch
sind sie in die zweite Hälfte des 5. und in das frühe 6. Jahrhundert zu stellen.
Meerschaumschnallen sind aus den gepidischen Gräbern von H6dmezövsrhely—
Sövnyhza und Sirmium bekannt (Abb. 3). Eventuell sind auch die Schnallen aus
Gyulavri und Szentes—Köknyzug Grab 60 hier einzuordnen, deren Bügel als aus
„Knochen“ beschrieben wird (Abb. 3), ebenso eine Schnalle aus einem Grabfund mit
Spatha nahe Singidunum (Abb. 3). Da Lagerstätten für den Rohstoff Meerschaum
mineralogisch handelt es sich um Sepiolith für die frühbyzantinische Zeit lediglich
aus dem anatolischen Eskisehir bekannt sind, ist es sehr wahrscheinlich, daß diese
Gürtelschnallen in oströmischen Werkstätten gefertigt wurden (HERDICK 1996).
—
—
Abb. 3
Verbreitung der Schnallen
aus Meerschaum
und ähnlichem Material
(Nachweise vgl. Fundliste 1)
4•
•5
10
16
Auch die Schnallen mit einem Bügel aus Bergkristall sind in diesem Sinne zu
interpretieren (OpAST 1996). Zwar ist der Rohstoff weit verbreitet, doch bezeugen ein
Exemplar aus Beirut und eines aus Ägypten (QpAST 1996, 333, Abb. 1), daß derartige
Schnallen im oströmischen Reich hergestellt und getragen wurden. Bei den Germanen
hingegen ist keine Tradition des Bergkristallschleifens nachweisbar. Einen weiteren
Hinweis auf die oströmische Herkunft liefert die Schnalle aus Szentes—Berekht Grab
37 (Abb. 4). Zu dem Beschlag dieser Schnalle liegt ein gut vergleichbares Exemplar
aus der Marktstraße des türkischen Sardis (OuAsT 1996, 336, Abb. 4: 2) vor, ein weiteres
aus Andernach (QpAST 1996, 336, Abb. 4: 1), das wiederum aufgrund des herzförmigen
Bügels sicher ostmediterraner Herkunft ist (OAST 1996, 335, Abb. 4).
Dieter Ojiast
Neben diesen etwas kostbareren Schnallen treten natürlich auch Billigprodukte
auf, die aufgrund der relativ großen Fundzahl und der einfachen Herstellungsart als
Massenware zu interpretieren sind. Zu nennen sind hier etwa die Schnallen vom Typ
Sucidava, der nach U. Fiedler (FIEDLER 1992, 73) spätestens in der Mitte des 6.
Jahrhundert einsetzt. Derartige Schnallen sind aus mehreren gepidischen Gräbern
bekannt, so aus Szentes—Nagyhegy, Szöreg und P&ska/Pecica (CSALLÄNY 1961, Taf.
25:13, 188: 2, 213: 13).
Etwas älter wohl aus der Zeit um 500 ist der Gürtelbeschlagtyp, der aus
Szentes—Berekht Grab 145 vorliegt (Abb. 5). Die ausgesparten Flächen waren
ursprünglich mit Glasplättchen ausgelegt, so daß die Bronze,,stege“ oft ein Kreuzmuster
bilden. Vergleichbare Objekte treten als Schnallenbeschlag ebenso auf, wie als einfacher
Beschlag (OpAST 2000). Die Datierung dürfte grob mit der Zeit um 500 zu umschreiben
sein. Die Verbreitungskarte (Abb. 5) zeigt die weite Streuung dieser Form, die quasi
entlang der Nordgrenze des Byzantinischen Reiches verläuft.
—
—
Abb. 4
Verbreitung der Bergkristallschnallen (Nachweise vgl. Fundliste 2)
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29
Byzantinisch-gepidische Kontakte nach 454 im Spiegel der Kleinfunde
Sehr deutlich wird die Herkunft aus dem Byzantnischen Reich bei einem
Schnallentyp, von dem sich ein ritzverzierter Beschlag in Csongrd fand. Die Karte
(Abb. 6) zeigt, daß vergleichbare Schnallen mit ovalem, ritz- und durch gepunzte
Linien verzierten Beschlag im gesamten Mittelmeergebiet verbreitet war. Für die
Datierung in die zweite Hälfte des 5. Jahrhundert ist vor allem das wandalische
Frauengrab aus dem algerischen Böne von Bedeutung. Neben der Verbreitung deuten
aber auch die Exemplare mit griechischer Inschrift auf byzantinische Herkunft.
Bei der Fibehracht sind natürlich die gepidischen Bügelfibeln vorherrschend.
Nur vereinzelt sind Typen aus Werkstätten südlich der Donau vorhanden, z.B. die
gegossenen Fibeln mit umgeschlagenem Fuß und Scheinumwicklung aus
H6dmezövsrhely—Kishomok Grab 23 (CSALLÄNY 1961, Taf. 224: 39). Schon die
Verbreitung deutet auf eine Herkunft aus byzantinischen Werkstätten (UENZE 1992,
154—159 mit Abb. 8; 597, Fundliste 4; HARALAMBIEVA 1989, 36—40). Bedeutender ist
ein Werkstattfund aus Drobeta—Turnu Severin an der Donau. Dort wurden 10
Haibfabrikate dieses Typs zusammen mit Halbfabrikaten byzantinischer Schnallen
gefunden (BEJAN 1976).
Wenden wir uns nun einem Bereich zu, der bei den Archäologen immer
besonderes Interesse findet, den Waffen. Hier ist das Erkennen byzantinischer Formen
besonders schwierig, denn zum einen sind z.B. Schwertklingen zumeist formal eher
unspezifisch, zum anderen gelangten die relativ großen Objekte nur selten als
Verlustfunde in den Boden. Für die Spangenhelme vom Typ Baldenheim ist eine
Herkunft aus byzantinischen Waffenschmieden allerdings seit einigen Jahren allgemein
anerkannt (WERNER 1988). Besonders die in den letzten Jahrzehnten ständig wachsende
Zahl aus frühbyzantinischen Festungen unterstreicht das (Abb. 7).
Bemerkenswert ist der Helm aus Heraclea Lyncestis (Abb. 8: 1), dem heutigen
Bitola in Makedonien (MANEVA 1987; WERNER 1988, 524, Abb. 2). Das Stirnband war
mit Münzbildern verziert, die auf Solidi der Kaiser Anastasius und Justinus 1.
zurückgehen und griechische Inschriften aufweisen. Es sind allerdings keine echten
Münzabschläge. Ein vermutlich als typologischer Vorläufer zu wertender Helm aus
der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts wurde in einer spätantiken Festung bei Voivoda,
im bulgarischen umen-Gebiet entdeckt (Abb. 8: 2) (VAGALINSKI 1998). Aus gepidischen
Gräbern sind mindestens zwei Spangenhelme bekannt. In Szentes—Berekht kamen
aus den Gräbern 13, 15 und 40 Fragmente eines Helmes zutage. Ein vollständiger
Helm stammt aus dem Grab von Batajnica. Leider sind die Gräber nicht präziser
datierbar als allgemein ins 6. Jahrhundert.
Dieter quast
Abb. 5
Verbreitung
der Gürtelbeschläge
vom Typ
Sadovetz—Callatis
(nach QUAST 2000)
Abb. 6
Verbreitung der Gürteischnallen vom Typ Böne—Csongrd (Nachweise vgl. Fundliste 3)
Byzantinisch-gepidische Kontakte nach 454 im Spiegel der Kleinfunde
Abb. 7
Verbreitung der Spangenhelme vom Typ Baldenheim (Nachweise vgl. Fundliste 4)
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Abb.$
1: Helm aus umen (nach
VAGALINSKI
1998), 2: Helm aus Heraclea Lyncestis (nach
MANEVA
1987)
Byzantinisch-gepidische Kontakte nach 454 im Spiegel der Kleinfunde
Gepidische Funde im byzantinischen Reich
Hier soll nur auf einige Bestattungen hingewiesen werden, die aufgrund ihrer
Beigaben als gepidisch zu interpretieren sind, die aber in Gebieten südlich der Donau
entdeckt wurden, die niemals zum gepidischen Herrschaftsbereich gehörten. Gut
dokumentierte Gräber wurden bei den Ausgrabungen im serbischen Kostolac, dem
antiken Viminacium, durch L. Zotovi freigelegt und in einigen Vorberichten bekannt
gegeben (ZOTOVR 1980; ZoTov« 1992/93, Vgl. auch Poovi 1987). Zwei weitere
gepidische Bestattungen aus Kamenovo bei Petrovac im nordöstlichen Serbien hat K.
Simoni (SIM0NI 1977/78) publiziert. Beide Autoren schlagen für die Befunde eine
Datierung nach 567 vor und vermuten, „daß ein Teil der geschlagenen Gepiden zur
Zeit von Kunimund gemeinsam mit ihren Familien die Save überschritt und sich auf
diesem Boden ansiedelte. Möglicherweise haben sich damals gepidische Krieger als
Söldner auch dem byzantinischen Heer angeschlossen“ (Zoiovic 1992/93, 190). Das
bislang publizierte Fundmaterial deutet allerdings darauf hin, daß die gepidische
Nekropole von Viminacium bereits im zweiten Drittel des 6. Jahrhunderts einsetzt.
Hier sei nur auf die bronzenen Schilddornschnallen hingewiesen (ZOTOVIC 1992/93,
Abb. 2). Es ist daher zu vermuten, daß schon in dieser Zeit gepidische Verbände zur
Grenzverteidigung herangezogen und besoldet wurden, ähnlich wie die Franken im
4. und 5. Jahrhundert in Nordostgallien (zuletzt BÖHME 1997)8.
Interpretation
Gepiden in oströmischen Diensten haben sicherlich ihren Anteil an der
Vermittlung byzantinischer Kleinfunde. Doch ist dies natürlich nicht die einzige
Möglichkeit, die byzantinischen Kleinfunde aus gepidischen Gräbern zu interpretieren.
J. Werner hat bereits 1970 in seiner grundlegenden Studie „Zur Verbreitung
frühgeschichtlicher Metallarbeiten“ die archäologisch nachweisbaren Möglichkeiten
aufgezeigt (WERNER 1970). Prinzipiell kann es sich um Handeisprodukte, Geschenke
oder Raubgut handeln, ebenso kommen aber auch Zuwanderungen Einzelner in
Betracht oder eine Verbreitung durch Wanderhandwerker. Für alle diese Möglichkeiten
lassen sich Beispiele bringen: Für den Handel wurde bereits auf die Granate hingewiesen;
die besondere Bedeutung von Geschenken wird aus den Schriftquellen deutlich (z.B.
FISCHER 1973; DAHLIN HAUKEN 1991; VESTERGAÄRD 1991; LOUNGHIS 1994; HARDT 1998;
DAIM 2000A; DAIM 200DB). Theophylaktos Simokates (Hist. 6,2; 6,10) berichtet von
einem Gepiden, der einen Leibgardisten des byzantinischen Kaisers Mauricius (5 82—
602) tötete, um dessen prunkvolles, mit Goldarbeiten besetztes Zaumzeug und den
ebenso verzierten Gürtel zu rauben.
Es erscheint mir wichtig auf folgendes hinzuweisen. Unter den Objekten, die
aus dem byzantinischen Gebiet zu den Gepiden gelangten, sind einige zweifellos
qualitativ hochwertige Einzelanfertigungen aus staatlichen oder höfischen Werkstätten.
Es handelt sich neben den Münzen vor allem um mehrere Funde aus den Gräbern
von Apahida und den Schatzfund von Cluj—Someeni. Im ersten Grab von Apahida
belegen die goldene Zwiebelknopffibel und die Silberkannen (Kiss 1991B, 119—120;
8
Vgl. dazu auch beispielsweise die Verhältnisse am Schwarzen Meer:
KAZANSKI
1991;
BARTOLI-KAZANSKI—KAZANSKI
1987.
Dieter Quast
-—
Ki. FRANKFURT 1994, 251, 254—255) diplomatische und politische Beziehungen zum
Byzantinischen Reich und weisen sehr wahrscheinlich auf ein Foederatenverhältnis
hin (Kiss 1991B, 119—120; HARHOIU 1994, 81). Die Funde bezeugen zudem sehr deutlich
das Interesse, das von oströmischer Seite den neuen Machthabern im Karpatenbecken
entgegengebracht wurde. Dies drückt sich auch in der Zahlung der annua solemnia,
der Jahrgelder, aus. Die Münzschätze von Kisselyk/Seica Mica und Firtosvralja/
Firtou (Kiss 1992, 60—63) zeigen, daß diese Gelder auch mehr oder weniger regelmäßig
flossen. Bei den wenigen Münzgräbern hingegen entsteht der Eindruck, daß Solidi
des 5.Jahrhunderts überwiegen, doch kann dies durch die geringe Gesamtzahl bedingt
sein (HuszÄR 1955; PREDA 1972; HOREDT—PROTASE 1970, 219 mit Anm. 121; HARHOIU
1997, 140—147, 195—203).
Grabausstattungen, die denen von Apahida an die Seite zu stellen wären,
fehlen im gepidischen Raum für die Folgezeit. Wenngleich dies zu einer Interpretation
reizt, ist doch gerade hier Vorsicht geboten9. Im Gegensatz zu den anderen germa
nischen Stämmen gibt es bei den Gepiden aber insgesamt nur wenige Gräber, die
man aufgrund ihrer Beigabenaustattung als überdurchschnittlich reich bezeichnen
würde‘°. Auffälligerweise stammen sie alle aus dem späten 5. und beginnenden 6.
Jahrhundert. In keinem Fall ist ein vollständig erhaltenes, sachgerecht geborgenes
Inventar überliefert. Dennoch sind hier die Funde aus Gyulavri (CSALLÄNY 1961,
111, Taf. 191: 1—2) und Mezöberny (Kiss 1991A, 128—130) im Körösgebiet, Oros
(BÖNA 1991, 172, Abb. 108, 289—290), wenige Kilometer östlich von Nyiregyhza
und Tiszaföldvr (1(iss 1996B) an der Theiß anzuführen“.
Zum Fehlen überdurchschnittlich reicher Bestattungen im 6. Jahrhundert‘2 tritt
ein Wandel beim byzantinischen „Import“ hinzu (vgl. dazu Kiss 1986, 110, Abb. 1). Es
handelt sich nun nur noch um Massenware beispielsweise in Form von einfachen
Bronzeschnallen und Fibeln. Qualitativ hochwertige Exemplare sind nicht vorhanden.
Bemerkenswerterweise fehlen mit Ausnahme des Grabes 88 aus Kiszombor B (GERMANEN
1 988B, 247) auch Gläser in den Gräbern, ebenso Metallgefäfle und byzantinische Keramik.
Weiterhin ist auch Zaumzeug nur ausnahmsweise vertreten (CSALLÄNY 1961, 396).
Dieser Wechsel könnte theoretisch drei Ursachen haben:
es gibt reiche Gräber mit qualitativ hochwertigem Import; diese sind aber
bislang unbekannt‘3 (,‚scheinbarer Wechsel“),
die relativ einheitlich wirkenden Grabausstattungen sind durch eine
standardisierte Beigabensitte bestimmt, die unterschiedliche Ursachen haben kann,
—
—
Die Gräber stehen in einer Reihe mit dem Childerichgrab und einem nur bruchstückhaft überlieferten Inventar vom Ailenberg bei Rüdern.
Zweifellos handelt es sich um Bestattungen herausragender Personen, doch spiegeln die unglaublich reichen Ausstattungen wohl auch ein
zeitliches Phänomen. Genau wie bei den Gepiden, findet sich weder bei den Alamannen noch bei den Franken in den folgenden
Jahrzehnten oder Jahrhunderten etwas Vergleichbares. Daraus z.B. auf einen Bedeutungsverlust der merowingischen Könige zu schließen
wäre allerdings ein Trugschluß.
zwar
Es fehlt aber derzeit auch noch ein System, die Grabinventare zu qualifizieren; vgl. beispielsweise das System von CHRISTLEIN 1973, das
ist.
zu
benutzen
besten
am
,
noch
immer
aber
nicht unumstritten
Evtl. einzureihen wäre hier das Grab von Cepari, dessen ethnische Interpretation nicht einwandfrei möglich ist, da es nicht mit der nötigen
Präzision zu datierbar ist: PRoT4.sE 1960. Ebenfalls unsicher in der ethnischen Zuweisung ist ein „Ortbandfragment“ (die Ansprache müßte mM.
nach am Original überprüft werden) von der Donauinsel Sapaf (Banat). Vgl. Riss 1987, 61 mit Anm. 79. Zum „Fürstengrab“ von Tiszaszölös/
1986. Bei Hjiju-o;u 1998, 179-180, Nr. 57 ist der Fundort (anscheinend in Unkenntnis der Arbeit B6nas) aufgeführt.
Natürlich könnten im ausgegrabenen, unpublizierten Material (BÖNA 1987, 123 erwähnt, daß sich seit 1962 die Zahl der Fundkomplexe
verdoppelt hat) noch reiche Gräber verborgen sein, doch ist das nicht zu ermitteln. Da reiche Gräber allerdings dazu neigen in Vorberichten
aufzutauchen, glaube ich nicht, daß die Publikationen der entsprechenden Gräberfelder das Bild völlig verändern werden.
Moigrad vgl. BÖNA
12
Byzantinisch-gepidische Kontakte nach 454 im Spiegel der Kleinfunde
es gelangten keine bzw. kaum noch herausragende Arbeiten aus byzantinischen
Werkstätten zu den Gepiden.
Ich glaube, die erste Möglichkeit ist aufgrund der großen Zahl bekannter
Bestattungen mit einiger Wahrscheinlichkeit ausschließen. Schwieriger ist die
Entscheidung zwischen den anderen beiden. Da sich die Beigabensitte aber vom späten
5. bis zum 6. Jahrhundert nicht generell ändert, halte ich die dritte der genannten
Möglichkeiten für die wahrscheinlichste. Im Fundgut aus den Gräbern zeichnet sich
vermutlich auch ein Wandel in den gepidisch—byzantinischen Kontakten ab.
Interessanterweise ist ein „Oalitätsabfall“ auch bei den gepidischen Bügelfibeln
zu beobachten. Für eine einfache Statistik wurden die Bügelfibeln aus dem Corpus von
Csallny ausgezählt, nach verwendetem Materialien getrennt und grob chronologisch
sortiert‘4. Da es gerade für das Material aus dem Theiß-Marosgebiet keine eigenständige
Stufeneinteilung gibt, muß ein grobes chronologisches Raster ausreichen. Man sieht sehr
schön, daß im 5. und frühen 6. Jahrhundert die Fibeln zumeist aus Silber bestanden;
Bronzefibeln machen nur einen kleineren Prozentsatz aus. Im 6. Jahrhundert hingegen
verändert sich diese Verhältnis. Die meisten Bügelfibeln wurden aus Bronze gegossen
—
(Abb.
9)15
6Jh.
5./frühles 6. Jh.
De1
DBronze
t
aal der gedische Bügelfibeln
‘jtruhes 6 Jh
Silber
Bronze
für BÖNA 1976, 72—73 ist das Fehlen reicher Bestattungen des 6. Jahrhunderts anscheinend hauptsächlich durch den Grabraub bedingt. Ich
halte das für wenig wahrscheinlich, denn ähnlich wie im westlichen Reihengräberkreis müssten auch in beraubten Gräbern zumindest ab
und zu Reste (von den Grabräubern Übersehendes oder z.B. zerbrochenes Glas) erhalten sein, die den ehemaligen Reichtum bezeugen. Hier
gilt es aber auf den Publikationsstand hinzuweisen! (vgl. allgemein CHIS.IsiutN 1973). In diesem Sinne deutet B6na (BÖx, 1976, 72—73) die
Helmfragmente aus den drei Gräbern von Szentes—Berekhät. Sie seien Zeugnisse für die Beraubung ehemals reicher Gräber. Es gibt meiner
Meinung nach eine weitere Erklärungsmöghchkeit, die überdacht werden sollte. In Szentes—Berekhät stammen Helmfragmente aus drei (!)
Gräbern. Wenn ihre Auftreten wirklich auf Beraubung zurückzuführen ist, so heißt das, daß die Grabräuber drei zerstörte Helme entwendet
haben, denn nur in diesem Fall können Fragmente der ehemals fest vernieteten Helme im Grab verbleiben. Dann verwundert aber, daß jeweils
genau ein Fragment zurückblieb. Wäre es nicht denkbar, daß die drei Fragmente als „Amulette“ in die Gräber gelangten, ähnlich wie
beispielsweise die zahlreichen Panzerfragmente in awarischen Frauengräbern? (BÖNA 1980, 44—46; SZENTPIERI 1993, 208). In Szentes—Berekhät ist
lediglich Grab 40 durch die Pfeilspitzen sicher als Männergrab zu bestimmen.
14
Die sicher nicht gepidischen Fibeln wurden von mir nicht berücksichtigt. Auf einen genauen Nachweis wird hier verzichtet, da dies u.a.
eine ausführliche Ghronologiediskussion erfordert hätte, die den gegebenen Rahmen gesprengt hätte. Obwohl sich die Fundmenge seit der
Arbeit Csallinys verdoppelt hat (BÖNA 1987, 123) gehe ich davon aus, daß ich eine repräsentative Schnittmenge erfaßt habe.
15
Bei den silbernen Exemplaren hat Csallny mehrfach erwähnt, daß es sich um „schlechtes“ Silber handele. Vgl. in diesem Zusammenhang
13
—
auch BIERBRAUER
1989.
—
Dieter_quast
Waren bei den Gepiden die Edelmetalle knapp geworden? Es scheint fast so,
wenngleich die Schriftquellen über die jährlichen Zahlungen aus Byzanz berichten
(POHL 1980, 263; BÖNA 1976, 16; Kiss 1986, 109). Diese waren anscheinend aber nicht
ausreichend, um einen weit gestreuten Reichtum zu ermöglichen bzw. um eine
umfangreiche Gefolgschaft zu unterhalten. Zudem wurden sie wohl zumindest zeitweise
eingestellt, so etwa nach der zweiten Besetzung Sirmiums durch die Gepiden im Jahre
537 (BÖNA 1976, 17—18).
Der Wiener Historiker Walter Pohl geht bei den Gepiden von „ein[em] ldeiner[/m]
Adelskern mit relativ geringem bewaffneten Gefolge“ aus (POHL 1980, 296). Dies
deuten die archäologischen Quellen an (BÖNA 1976, 72—74). Der wesentliche Unter
schied der Gepiden zu den anderen im Karpatenbecken und Pannonien siedelnden
gentes bestand darin, daß sie in ihren Gebieten blieben und wohl weitgehend auf
agrarischer Grundlage wirtschafteten. „Die zwei Konstanten gentiler Politik; Unter
werfung anderer gentes und Ausplünderung römischer Provinzen, spielen bei den
Gepiden eine relativ geringe Rolle.“ (POHL 1980, 296) Für das Byzantinische Reich
waren die Gepiden wohl nur in der Zeit unmittelbar nach der Zerschlagung des
Hunnenreiches ein „Unsicherheitsfaktor“ an der Nordgrenze. Schon wenige Jahrzehnte
später kann man sie kaum noch als ernsthafte Bedrohung angesehen haben, so daß
kein Grund für übermäßig hohe Zahlungen bestand. Mir erscheint es naheliegend,
die byzantinischen Kleinfunde aus gepidischen Gräbern, vor allem das Fehlen qualitativ
herausgehobener Objekte im 6. Jahrhundert, vor diesem Hintergrund zu sehen.
Fundlisten:
1. Meerschaumschnallen (Abb. 3) (nach QUAST 1993, 133, Liste 3 mit Ergänzungen)
1.
Kempstone (bei Bedford)
Lit.: QUAST 1993, 133, Nr. 7.
2.
Flonheim (Kr. Alzey-Worms) Grab 5
Lit.: QUAST 1993, 133, Nr. 11.
3.
Gültlingen (Stadt Wildberg, Kr. Calw) Grab von 1901
Lit.: OpAST 1993, Taf. 8: 9, 24: 8.
4.
Parma (Italien)
Lit.: QUAST 1993, 133, Nr. 2.
5.
Tortona (Prov. Alessandria)
Lit.: QUAST 1993, 133, Nr. 3.
6.
B1nina (Mähren)
Lit.: QUAST 1993, 133, Nr. 12.
7.
Gorsium (Tc, Korn. Fejr)
Lit.: QUAST 1993, 133, Nr. 13.
8.
Sövenyhäza (Korn. Csongrd)
Lit.: QpAST 1993, 133, Nr. 4.
9.
H‘dmezöväsärhely (Korn. Csongrd)
Lit.: QUAST 1993, 133, Nr. 5.
10.
Sirmium (Serbien)
Lit.: KAi. BEOGRAD 1983, 18, Abb. 73, 27, Nr. 73.
Byzantinisch-gepidische Kontakte nach 454 im Spiegel der Kleinfunde
ähnliches Material
11.
Donzdorf (Kr. Göppingen) Grab 78 (,‚Magnesit“)
Lit.: QpAST 1993, 133, Nr. 9.
12.
Altenerding (Kr. Erding) Grab 439 (,‚Bein“)
Lit.: OpAST 1993, 133, Nr. 8.
13.
Gyulaväri (Korn. Bks)
Lit.: QpAsT 1993, 133, Nr. 14.
14.
Szentes—Kökenyzug (Korn. Csongrd) Grab 60 (,‚Knochen“)
Lit.: OLIAST 1993, 133, Nr. 10.
15.
Apahida (Siebenbürgen) (,‚Knochen“)
Lit.: QUAST 1993, 133, Nr. 15.
16.
Singidunum (Serbien)
Lit.: BJELAJAC—IVANßEVI 1991, 136 mit Anm. 64, 137, Abb. 11: 1.
Nicht mehr aufgenommen wurde eine „Meerschaumschnalle“ aus Bad
Kreuznach, die bei QUAST 1993, 133, Nr. 6 mit Hinweis auf AMENT 1970, 67 Anm. 145
angeführt wurde. Die Schnalle fehlt in der neuesten Zusammenstellung der mero
wingerzeitlichen Funde aus Bad Kreuznach (ZELLER 1992, 161, Katalogteil 110, Taf.
62: 1—3). Evtl. liegt eine Verwechslung mit einem Gipsabguß einer Bergkristallschnalle
vor, die allerdings mit einem merowingerzeitlichen Dorn versehen wurde (ZELLER
1992, 161, Katalogteil 110, Taf. 62: 1—3).
2. Bergkristallschnallen (Abb. 4) (nach QpAST 1996, 338, Abb.7, 344, Anm. 36 fundliste)
Ergänzungen:
1.
Bockenheim (Kr. Bad Dürkheim) Grab 466
Lit.: BERNHARD 1997, 40, 46, Abb. 21: 1.
II.
Bierry-les-Belles-Fontaines Grab 35
Lit.: KAT. AVALLON 1997, 24, fig. 22.
III.
ohne Fundort, Aisne?
Lit.:
PICARDIE
1986, 137, Nr. 68; fig. 95.
3. Schnallen vom Typ Böne—Csongrd (Abb. 6)
1.
Csongrad—Kettöshalom (Ungarn)
Lit.: CSALLÄNY 1961 Taf. 211: 10, 118: 8; KAT. NÜRNBERG 1988, 233, Nr. V. 28b;
KAZANSKI 1994, fig. 16: 8.
2.
Novae bei Sviatov (Bulgarien)
Lit.: HARALAMBIEVA 1998, 373, Abb. 6.
3.
Noviodunum (Rumänien)
Lit.: KAZANSKI 1994, fig. 16: 7.
4.
Tomis (Rumänien) 3 Exemplare
Lit.: BARNEA 1979, 234, tab. 99: 1—2; CHERA-MÄRGINEAU—LUNGU 1983, 222, Pl.
1: 5; CHELUTÄ—GEORGESCU 1977, Pl. 1: 1; RADESCU—LUNGU 1989, 2569, fig. 3;
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Dieter OpAST
Landesdenkmalamt Baden-Württemberg
Außenstelle Tübingen
Alexanderstraße 48
D—72072 Tübingen
Deutschland